BGH: Nachlizenzierungen – Berechnung im Wege der Lizenzanalogie

Autor
Kim-Laura Linnenberg
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Sachverhalt

Ein Verlag, der ausschließlicher Rechteinhaber an Stadtplänen ist, fordert von einem Beratungsunternehmen, das zur Lagebeschreibung seiner Standorte Kartenausschnitte des Verlags unlizenziert auf seiner Website genutzt hatte, die entgangene Lizenzgebühr.

Der Verlag hatte einerseits in seinen AGB auf seiner Website Lizenzgebühren als „Preisliste“ veröffentlicht. Andererseits hatte er mit anderen Marktteilnehmern, die Kartenausschnitte unlizenziert genutzt hatten, in der Vergangenheit Nachlizenzierungsverträge geschlossen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof befasst sich in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2020 (Az. I ZR 93/19) erstmals mit der Frage, ob Lizenzverträge, die nach einer Abmahnung oder einem Hinweis auf Rechtsverletzungen geschlossen worden sind, für die Berechnung von Schadensersatz im Wege der sog. Lizenzanalogie herangezogen werden können.

Für die Berechnung des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie kommt einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis der Rechteinhaberin maßgebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – Sportwagenfoto). Dabei ist nicht entscheidend, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine (solche) Vergütung zu zahlen.

Nach Ansicht des Senats stellen Verträge über Nachlizenzierungen keine relevante Lizenzierungspraxis in diesem Sinne dar. Denn eine Lizenzierung nach einer Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird mit einer solchen Nachlizenzierung regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine förmliche Abmahnung vorausgegangen ist oder die Rechteinhaberin unter Hinweis auf die Rechtsverletzung lediglich an den Verletzer herangetreten ist.

In beiden Fällen stellen die nachfolgend vereinbarten „Lizenzgebühren“ nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung.

Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete „Mehrwert“ steht der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den „objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung“.

Auswirkungen für die Praxis

Machen Rechteinhaber bei unlizenzierten Nutzungen Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie geltend, so können diese sich auf ihre Preisliste nur stützen, wenn diese Preise am Markt tatsächlich gezahlt werden. Zur Berechnung der Lizenzanalogie können auch (vor einer Nutzung) verhandelte Lizenzverträge herangezogen werden. Die Vorlage von Nachlizenzierungsverträgen, die Lizenzgebühren enthalten, die andere Nutzer erst nach einer unlizenzierten Verwendung gezahlt haben, genügt nicht.

Ist dies nicht möglich, so kann im Rahmen der Lizenzanalogie auf branchenübliche Vergütungssätze und Tarife zurückgegriffen werden. Zuletzt kann der Tatrichter nach § 287 ZPO die Lizenzgebühr unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung bestimmen, eventuell unter Einholung von Sachverständigengutachten.

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