Werkqualität einer Birkenstock-Sandale

Werkqualität einer Birkenstock-Sandale

Autor
Kim-Laura Linnenberg
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Eine Sandale – hier das Modell „Madrid“ des Herstellers Birkenstock – kann ein Werk der angewandten Kunst darstellen.

Sachverhalt

Der Schuhhersteller „Grand Step Shoes“ vertreibt eine Sandale, die sämtliche relevanten Gestaltungsmerkmale des Modells „Madrid“ von Birkenstock aufweist.

Birkenstock strebte die Untersagung des Vertriebs dieser Sandale an und stützte sich dabei auf Urheberrechte am Modell „Madrid“. Das LG Hamburg wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem OLG Hamburg vor.

Entscheidung

Bezogen auf die konkrete Verletzungsform erließ das OLG Hamburg die einstweilige Verfügung (OLG Hamburg, Beschluss vom 14.10.2021, Az. 5 W 40/21). Das Modell „Madrid“ stelle eine persönliche geistige Schöpfung dar, es erreiche die erforderliche Gestaltungshöhe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung der Sandale einen Urheberrechtsschutz nur begründen könne, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet sei. Sie müsse vielmehr auf einer künstlerischen Leistung beruhen.

Maßgeblich für die Bewertung sei der Gesamteindruck, der sich aus dem Zusammenwirken aller wesentlichen Eigenschaften ergebe. Im Hinblick auf das Modell „Madrid“ heiße das:

  • klare minimalistische Form
  • skulpturale Gestaltung

Der Entwerfer habe damit ein Schuhmodell geschaffen, für dessen ästhetischen Gesamteindruck bei der Schaffung kein Vorbild bestanden habe. Er habe sich mit der Gestaltung weit vom damaligen Zeitgeist entfernt. Die Gestaltung der Sandale „Madrid“ sei zum Zeitpunkt ihrer Entstehung überaus innovativ gewesen und habe Maßstäbe gesetzt. Ein Zeichen dafür sei auch, dass sie sich zum Klassiker entwickelt habe.

Die konkreten Gestaltungen des sich zur Mitte verjüngenden Zehenriemens mit der rechteckigen Dornschnalle und des unverkleideten Fußbettrandes sowie das Fehlen von Ziernähten oder anderen Verzierungen seien in der Gesamtschau künstlerisch und es sei nicht erkennbar, dass diese Gestaltungen technisch bedingt oder sonst erzwungen seien.

Die möglicherweise in die Gestaltungsentscheidung einfließenden höheren Produktionskosten allein seien kein geeignetes Kriterium, um den Gestaltungsspielraum und dessen Nutzung zu bestimmen.

Ferner sei ein zusätzlicher Nachweis einer bestimmten ästhetischen Motivation des Schöpfers nicht erforderlich. Dies erhöhe die Anforderungen an den Schutz eines Werkes der angewandten Kunst gegenüber einem der zweckfreien bildenden Kunst, was mit dem geforderten gleichen Bewertungsmaßstab nicht vereinbar sei.

Praxishinweis

Das LG Köln hatte Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz für das Modell „Madrid“ in einem anderen Verfahren verneint, da es an der wettbewerblichen Eigenart fehle.

In diesen Fällen und auch dann, wenn weitere Schutzrechte nicht (mehr) bestehen, bietet das Urheberrecht eine Alternative für das Vorgehen gegen Nachahmungen von Gebrauchsgegenständen, die eine ästhetische Gestaltung aufweisen.

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